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MVZ
Berlin - Mit großer Hoffnung war nach der Bundestagswahl der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag erwartet worden. Doch grundlegende gesundheitspolitische Versprechungen wurden nicht erfüllt - nicht nur das angekündigte Pick-up-Verbot. So wollte die „Wunschkoalition" eigentlich den Einfluss externer Kapitalgeber bei der ärztlichen Versorgung eindämmen und ein Fremdbesitzverbot für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) einführen. Doch die Experten von Union und FDP scheinen heute anderer Meinung zu sein.
Verantwortung statt Besitz: Schwarz-Gelb geht mit seinem Fremdbesitzverbot für MVZ auf Tauchfahrt. Foto: Elke Hinkelbein
Laut Unionsfraktion stellen die derzeit rund 1500 MVZ eine wichtige
Ergänzung in der ambulanten Versorgung dar. Zwar müsse verhindert
werden, dass „Kapitalbeteiligungen und Renditestreben Vorrang vor
freiberuflicher Therapiefreiheit" erlangten: „Gewinnmaximierung darf
niemals Vorrang haben vor den Bedürfnissen einer qualitativen
Patientenversorgung", heißt es im CDU/CSU-Konzept zum geplanten
Versorgungsgesetz. Doch der Instrumentekasten hat sich seit dem Antritt
der Regierung grundlegend verändert.
Im Koalitionsvertrag wurde es noch als „wesentlich" erachtet, dass „die
Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte Ärztinnen und Ärzten
zusteht und das MVZ von Ärztinnen und Ärzten verantwortlich geführt
wird". Aktuell will die Union nur noch sicherstellen, dass „die Leitung
in der medizinischen Versorgung eines MVZ rechtlich wie praktisch in
ärztlicher Hand liegt". Außerdem sollen MVZ ausschließlich als
Personengesellschaft oder GmbH betrieben werden können. Von
Mehrheitsanteilen und Stimmrechten ist keine Rede mehr.
„Niemand beabsichtigt, anderen Kapitalgebern als medizinischen
Leistungserbringern eine Beteiligung an MVZ zu ermöglichen", sagt der
gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn. „Darüber
hinaus ist es entscheidend, dass die Ärztinnen und Ärzte in einem MVZ
über Therapie und Behandlung der Patienten eigenständig und frei
entscheiden. Alle weiteren Fragen wird die Koalition in dem nächsten
Wochen beraten und erarbeiten."
Beim Koalitionspartner heißt es ähnlich: „Der Arzt muss die
Verantwortung tragen", argumentiert Ulrike Flach, gesundheitspolitische
Sprecherin der FDP. Die Frage der externen Kapitalgeber müsse
grundlegend diskutiert werden.
Wichtige Ergänzung: MVZ sollen nach dem Willen von Schwarz-Gelb auch weiterhin eine Rolle im Gesundheitswesen spielen. Foto: Elke Hinkelbein
Noch im August hatte Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP)
in einer gemeinsamen Erklärung mit der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) versprochen, die im Koalitionsvertrag
angekündigte MVZ-Neuregelung schnell umzusetzen. Doch selbst bei den
Kassenärzten, einst Vordenker für die Klausel im Koalitionsvertrag,
scheint die Stimmung gekippt zu sein: „Ein Arzt soll dem MVZ vorstehen.
In welcher Form das passiert, ist ein Detail und soll später geklärt
werden", erklärt ein KBV-Sprecher.
Das wiederum sehen nicht alle niedergelassen Mediziner so gelassen. Die
Frage der Trägerschaft sei „von entscheidender Bedeutung", sagt der
Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Dr. Wolfgang
Krombholz. Die unklare Positionierung zur Aufteilung von
Geschäftsanteilen und Stimmrechten im Papier der Union sei „ein
mögliches 'Sicherheitsleck', was den Erhalt der uneingeschränkten
Therapiefreiheit der Ärzte und Psychotherapeuten betrifft".
Bei der KBV will man sich zum möglichen Einfluss externer Kapitalgeber
in der ambulanten Versorgung derzeit nicht äußern. Vielleicht aus gutem
Grund: Weil einzelne Ärzte schon ökonomisch kaum als MVZ-Gründer
auftreten können, hatten rund 40 KBV- und KV-Vorstände zusammen mit der
Apobank im vergangenen Sommer die Firma Patiomed (heute: Patiodoc)
gegründet - eine Betreibergesellschaft für Ärztezentren.
In der Branche gilt es daher als ausgemacht, dass ein Fremdbesitzverbot
nicht zu machen ist - weder rechtlich noch politisch. Möglicherweise ist
die Diskussion über die Besitzverhältnisse von MVZ ohnehin längst
überfällig: Laut Unionspapier soll „das Potential des ambulanten
Angebotes der Krankenhäuser" in unterversorgten Regionen berücksichtigt
werden. Im Koalitionsvertrag war seinerzeit noch vorgesehen, dass MVZ
nur dann von Kliniken betrieben werden können, wenn „keine Interessenten
aus dem Bereich der Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen".
Patrick Hollstein und Benjamin Rohrer, Montag, 31. Januar 2011, 13:26 Uhr
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