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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
VIDEO-SPEZIAL AMNOG
Berlin - Das
Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) ist auf der Zielgeraden: In
Berlin verständigte sich der Gesundheitsausschuss des Bundestags über
die letzten Details. Damit steht fest: Bei Großhandel und Apotheken
sollen pro Jahr jeweils 200 Millionen Euro gekürzt werden. Die Vergütung
der Großhändler wird 2012 umgestellt; bis dahin müssen sie einen
Abschlag zahlen. Der Zwangsrabatt der Apotheken wird für die kommenden
beiden Jahre festgeschrieben. Die Betroffenen sind sauer.
„Das ist ganz klar ein Apothekenbelastungsgesetz", sagt ABDA-Präsident
Heinz-Günter Wolf. „Wenn wir uns mit anderen Leistungserbringern
vergleichen, dann sind wir die einzigen, die belastet werden." Dass der
Kassenabschlag zwar auf 2,05 Euro erhöht wird, aber immer noch unter den
von den Kassen geforderten 2,30 Euro liegt, lässt Wolf nicht gelten.
„Vor dem Hintergrund, dass uns hier in die Tasche gegriffen wird, ist
jeder Cent zu viel. Allen anderen Leistungserbringern wird Geld gegeben,
und wir können den Eindruck nicht verhehlen, dass wir den Zuwachs bei
den Anderen finanzieren sollen."
Auch beim Großhandel ist man alles andere als zufrieden. „Wir haben von
Anfang an gesagt, dass das vorgesehen Sparvolumen von 400 Millionen Euro
für Großhandel und Apotheken nicht machbar ist - für beide Teile der
Arzneimitteldistribution", so Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper. „Wir haben
in der letzten Legislaturperiode schon dafür geworben, dass die
Großhandelsspanne umgestellt wird. Dass das jetzt nochmal ein Jahr
dauert, obwohl wir seit sechs Monaten daraufhin hingewiesen haben, dass
man eine entsprechende Vorlaufzeit braucht, um das umzustellen, das ist
sehr bedauerlich und handwerklich sehr schlecht. Wenn wir uns im Handel
und in der Industrie so viel Zeit ließen für solche Dinge, dann wäre es
schlecht bestellt um Deutschland", so Trümper.
Rückblick: Ein halbes Jahr nach der Amtsübernahme stellt
Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) im März die Eckpunkte
seines Sparpakets vor. Unter dem Punkt „kurzfristig wirksame
Entlastungen" finden sich Apotheken und Großhändler wieder: „Der
Großhandel erhält eine leistungsgerechte Vergütung, der
Großhandelszuschlag, bisher als prozentualer Anteil, wird auf
preisunabhängige Fixzuschläge mit einem kleinen prozentualen Zuschlag
umgestellt. Dabei werden Funktionsrabatte an Apotheken berücksichtigt."
Das klang zwar nicht nach liberaler Gesundheitspolitik; die Großhändler
freuten sich trotzdem. Hatten sie doch schon ein Jahr zuvor eine
Umstellung ihrer Honorierung gefordert. Ende April legte der Phagro ein
überarbeitetes Konzept vor: Die fixen Kosten sollten mit einer
gestaffelten Pauschale gedeckt werden; über den Aufschlag von 3,26
Prozent wollten die Großhändler frei verfügen. Da waren sie wieder, die
Funktionsrabatte der Apotheken.
Im Juni wurde die Branche vom Blitz getroffen: 60 Cent plus 1,7 Prozent
für den Großhandel, so stand es im Kabinettsentwurf. Die Last des
Sparvolumens - 400 Millionen Euro laut BMG, 500 Millionen Euro laut ABDA
- drohte Apotheker und Großhändler zu entzweien. Nachdem Phagro-Chef
Trümper angekündigt hatte, dass der Großhandel die Belastungen komplett
weitergeben würde, gingen die Apotheker mit einer Kampagne in die
Offensive.
Ende September lud Staatssekretär Stefan Kapferer Apotheker und
Großhändler zu einem gemeinsamen Gespräch ins Ministerium - ohne Erfolg:
Bei der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss war die Stimmung
noch immer eisig. „Zunächst möchte ich klarstellen, dass es kein
gemeinsames Konzept Phagro/ABDA gibt - schon allein, weil der Phagro ja
öffentlich bekannt gegeben hat, die gesamte Einsparung quantitativ an
die Apotheker weiterzugeben", so Wolf im Ausschuss. „Die vorgesehenen
Änderungen werden also massive und unangemessen Belastungen für die
Apotheker zur Folge haben."
Beim Apothekertag in München präsentierte der gesundheitspolitische
Sprecher der Union, Jens Spahn, dann einen Kompromissvorschlag: Je 200
Millionen Euro sollten bei Großhandel und Apotheken separat eingetrieben
werden. Für den Großhandel hieß das: 70 Cent plus 3,4 Prozent. Nach
Verhandlungen standen Ende Oktober auch die Eckdaten für die Apotheken
fest: Der Kassenabschlag sollte für 2011 und 2012 auf 2 Euro
festgeschrieben werden und für 2009 und 2010 auf 1,75 Euro. Denn hier
streiten Apotheker und Kassen immer noch.
Doch in einer Nachtsitzung warfen die Koalitionäre noch einmal alles
über Bord: 5 Cent mehr beim Kassenabschlag und keine rückwirkende
Festschreibung, 0,25 Prozent weniger bei der Großhandelsmarge und eine
Verschiebung um ein Jahr. Ernüchterung bei den Betroffenen: „Wir wundern
uns sehr, dass die Politik sich offensichtlich irgendeinem Druck
gebeugt hat, uns abzustrafen und ein Exempel zu statuieren", so Wolf.
„Dafür kann ich überhaupt keinen Grund erkennen, und das möge man uns
einmal erklären."
„Es muss auf jeden Fall nachgebessert werden", ergänzt Trümper. „Das
wissen auch die Politiker, das haben sie auch mittlerweile eingesehen.
Nur kommt man einfach nicht in vernünftige Gespräche, so dass man sich
an einen Tisch setzt und sagt: Was ist das Problem? Wie können wir es
lösen?"
Für die Apotheken könnte es teuer werden. Denn der Großhandel hat von
Anfang an klar gemacht, dass bei ihm rein gar nichts zu holen ist. „Der
Großhandel hat von Anfang an gesagt, dass er mit einem Gesamtgewinn 2009
von 172 Millionen Euro, was einer Umsatzrendite von 0,72 Prozent
entspricht, grundsätzlich überhaupt nichts einsparen kann", so Trümper.
„Das war keine Aggressivität, sondern eine ganz normale Schilderung des
Sachverhaltes, dass wir jedes Einsparvolumen auf der Großhandelsseite
weitergeben müssen. Das ist den Politikern bewusst gewesen, und das ist
auch den Apothekern, unseren Kunden, bewusst - so bitter das ist."
Trümper weiter: „Das betrifft auch den Großhandelsabschlag. Wir können
bei dieser Umsatzrendite und dem, was wir als Händler finanzieren
müssen, eine weitere Einbuße unseres Gewinnes schlichtweg nicht
verkraften." Dazu Wolf: „Jeder soll sein Päckchen selber tragen. Wir
werden, wenn der Großhandel das versuchen sollte, sehr laut werden
müssen."
Am Donnerstag soll der Bundestag das Gesetz verabschieden. Der Bundesrat
muss nicht zustimmen. Nach dem politischen Gerangel wird sich ab Januar
zeigen, wie stark das AMNOG Apotheker und Großhändler tatsächlich
belasten wird.
APOTHEKE ADHOC, Dienstag, 09. November 2010, 14:13 Uhr
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