Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Neue Allgemeine Gesundheitszeitung/ Ausgabe Dezember 2010
Essen - In ihrer
Dezemberausgabe setzt sich die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für
Deutschland kritisch mit dem Gesetz zur Neuordnung des
Arzneimittelmarktes (AMNOG) auseinander. Als Dr. Philipp Rösler sein Amt
antrat, hofften viele auf eine Verbesserung der Situation des
Gesundheitswesens. Sie wurden enttäuscht. Das AMNOG zeigt, dass Rösler
in die Fußstapfen seiner Vorgängerin Ulla Schmidt tritt und die rasante
Talfahrt des einst vorbildlichen deutschen Gesundheitswesens noch
beschleunigt. Darunter zu leiden haben vor allem Patienten und
Beitragszahler sowie Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Doch auch
Röslers Partei wird nicht verschont: Die FDP hat nicht zuletzt aufgrund
ihres desolaten gesundheitspolitischen Kurses mit Wählerschwund zu
kämpfen.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung erscheint monatlich
deutschlandweit mit einer Auflage von einer Million Exemplaren und ist
kostenlos in Apotheken erhältlich.
NICHTS BEGRIFFEN
Wie Gesundheitsminister Rösler (FDP) die Regierung stürzt Irgendwie
erinnert die Szene im politischen Berlin an "Stuttgart 21".
Bürgerproteste zuhauf wollen dort den Bau des neuen unterirdischen
Hauptbahnhofs in letzter Sekunde verhindern. Die Regierung in
Baden-Württemberg will die Verlegung des Bahnhofs unter die Erde - um
jeden Preis.
Setzt Ministerpräsident Mappus (CDU) den Abriss des alten und den Bau
des (mindestens) sechs Milliarden Euro teuren Neubaus durch, dann hat
das Ländle zwar demnächst einen neuen Hauptbahnhof, doch bald keine
CDU/FDP-Regierung mehr. Im März 2011 sind Landtagswahlen.
Ähnlich könnte es in Berlin laufen. Mit einem komfortablen Ergebnis war
die jetzige Regierung aus den Bundestagswahlen am 27. September 2009
hervorgegangen: Die CDU/CSU erhielt 33,8 Prozent der Stimmen, der FDP
drückten sensationelle 14,6 Prozent der Wähler ihr Vertrauen aus.
Doch war das Vertrauen in die FDP gerechtfertigt? Die Wähler sehen es
nicht so. Letzten Umfragen zufolge dümpelt nach einem Jahr
Regierungsarbeit die FDP nur noch zwischen 4 % und 5 % der
Wählerstimmen. Damit läuft sie Gefahr, bei der nächsten Bundestagswahl
nicht einmal mehr in den Bundestag zu kommen.
Es kann nicht an der unglücklichen Art liegen, wie Außenminister
Westerwelle (FDP) sein Amt verwaltet; das interessiert die
Öffentlichkeit eher weniger. Auch der monatelange Hick-Hack innerhalb
der Koalition kann den dramatischen Absturz der FDP in der Wählergunst
nicht erklären - die CDU/CSU hat in den letzten Umfragen so gut wie
keine Stimmen verloren und war doch maßgeblich an den Querelen
beteiligt.
Nahmen die Wähler der FDP übel, dass sie das Versprechen, die Steuern zu
senken, bisher nicht einlösen konnte? Das mag eine gewisse Rolle
spielen, doch dass es Spielraum für Steuersenkungen zurzeit noch nicht
gibt, werden die meisten einsehen. Und aufgeschoben ist ja
nichtaufgehoben.
Was bleibt als Erklärung für die massive Abkehr der Wähler von der FDP übrig?
Es ist das Gesundheitswesen, das die Menschen in Deutschland bewegt wie
kein anderes Thema. Denn jeder ist betroffen - sei es als Patient oder
als Beitragszahler.
Erinnern wir uns: Die Namen, die gleich nach der Wahl für den Posten des
Gesundheitsministers gehandelt wurden, stammten ausnahmslos aus den
Reihen der CDU/CSU. Die große Überraschung war, dass die FDP sich um das
Amt des Gesundheitsministers förmlich gerissen hat. Die zweite
Überraschung war die Nominierung von Dr. Philipp Rösler. Den hatte
niemand im Fokus.
Zunächst dachte man positiv. Der unter-finanzierte Krankenhausbereich
mit seinem riesigen Investitionsstau und seiner ausgepressten
Personalsituation, das Sterben der Hausarztpraxen auf dem Lande, die
tendenzielle Gefährdung der Bevölkerung durch den Versandhandel von
Arzneimitteln, die Verunsicherung der Patienten durch ständigen Wechsel
ihrer Medikamente aufgrund von Rabattverträgen der Kassen mit
Arzneimittelherstellern: Als Arzt würde Rösler die Probleme im
Gesundheitswesen besser beurteilen können als Ulla Schmidt, seine
Vorgängerin im Amt. Und wollte die FDP nicht auch das bürokratische
Monstrum "Gesundheitsfonds" abschaffen?
Dass Rösler zudem in den letzten neun Monaten vor der Wahl
Wirtschaftsminister in Niedersachsen gewesen war, würde sicher auch
seinen Blick für den "Jobmotor Gesundheitswesen" geschärft haben - so
hoffte man.
Nichts von alledem.
Stattdessen wieder einmal hektische Suche nach Geld. Wieder einmal
Sparorgien und Beitragserhöhungen. Wieder einmal "Reformen", die ihren
Namen nicht verdienen. Und der Einstieg in die ungeliebte und
umstrittene "Kopfprämie".
Jetzt hat der Bundestag die Gesetze zur "Neuordnung des
Arzneimittelmarktes" (AMNOG) und zur "nachhaltigen und sozial
ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung"
(GKV-Finanzierungsgesetz) mit den Stimmen der CDU/CSU/FDP-Koalition
verabschiedet.
Es half nichts, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU),
zweithöchster Mann im Staate, der Regierung sowohl den ungeheuren
Zeitdruck als auch Schlampigkeit bei der Ausarbeitung dieser und anderer
Gesetze vorwarf. "Pfusch im Akkord" titelte der Spiegel in seiner
Ausgabe vom 8. November 2010.
Die überforderten Abgeordneten stimmten zu, was sollten sie auch anderes
tun? Herausgekommen sind Gesetze mit hochtrabenden Namen und
unausgegorenem Inhalt. Das kannte man schon aus der Zeit von Ulla
Schmidt.
Da ist beispielsweise das Gesetz zur "nachhaltigen und sozial
ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung".
"Nachhaltig" und "sozial ausgewogen"? Mit der Realität hat das nichts zu
tun.
"Durch die gemeinsame Anstrengung von Beitrags- und Steuerzahlern sowie
den Leistungserbringern im Gesundheitswesen wird im nächsten Jahr ein
Milliardendefizit der Gesetzlichen Krankenversicherung verhindert" - so
Gesundheitsminister Rösler in seiner Presseerklärung vom 12. November
2010. "Dauerhaft auf ein solides Fundament" gestellt werde das System
zudem durch den steuerfinanzierten Sozialausgleich für die Menschen, die
ihre Zusatzbeiträge nicht bezahlen können.
Doch was ist nachhaltig daran, dass jetzt ein Teil des (vermutlichen)
Defizits der Kassen über Steuerzuschüsse finanziert wird? Haben wir
nicht gerade noch erlebt, dass die Regierung das mit den zugesagten
Steuerzuschüssen nicht so ernst nimmt? Gleichsam nach Gutsherrenart
gewährt und ein Jahr später wieder einsammelt?
Nachhaltig wäre gewesen, würden den Krankenkassen endlich die vollen Beiträge für die versicherten Arbeitslosen überwiesen.
Nachhaltig wäre gewesen, hätte Rösler endlich die Abschaffung oder
zumindest eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf den
europaweit üblichen Durchschnittssatz von 7 Prozent durchgesetzt.
Nachhaltig wäre gewesen, endlich die versicherungsfremden Leistungen -
wie die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen - aus der
GKV herauszulösen und sie ins "Bundesministerium für Arbeit und
Soziales" oder dorthin zu packen, wo sie hingehören. Zusammen ergeben
diese ungerechtfertigten Belastungen, die die Politik den Krankenkassen
im Laufe der Jahre aus politischen Gründen aufgebürdet hat, die
sagenhafte Summe von 48 Milliarden Euro pro Jahr. Das hat das
renommierte Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung in
Kiel im Jahre 2008 akribisch errechnet.
48 Milliarden pro Jahr - dies ist die Summe, die eigentlich aus
Steuermitteln finanziert werden müsste. Doch statt den Steuerzahler
damit zu belasten, presst sie der Staat aus den Beitragszahlern heraus.
Das ist der Gipfel der Ungerechtigkeit.
Mit anderen Worten: Würde es endlich eine gerechte und nachhaltige
Verlagerung der ungerechtfertigten Belastungen der GKV dorthin geben, wo
sie hingehören, nämlich ins Steuersystem, käme die Gesetzliche
Krankenversicherung auf ein Plus von über 40 Milliarden Euro. Fazit: Wir
haben weder ein Ausgaben- noch ein Einnahmenproblem in der GKV, sondern
ein "Verschleierungsproblem".
"Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des
medizinisch-technischen Fortschritts müssen heute die Weichen dafür
gestellt werden, dass auch in Zukunft alle Menschen in Deutschland die
notwendige medizinische Versorgung ... erhalten. Sowohl kurzfristig als
auch langfristig muss für eine gesicherte Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung gesorgt werden", heißt es in den Informationen zum
Gesetz. Daran ist nichts falsch. Nur die Gesetze sind falsch.
Gesundheitsminister Rösler muss sich vorwerfen lassen, dass er alle
diese Zahlen und Zusammenhänge kennt. Doch er hat das
Verschleierungsproblem nicht angefasst, geschweige denn gelöst.
Im Gegenteil: Wie bei Ulla Schmidt werden die Beitragszahler, die
Kranken und die "Leistungserbringer im Gesundheitswesen" -
Krankenhäuser, Arztpraxen, Apotheken, Arzneimittelhersteller und viele
verwandte Berufe und Unternehmen der Gesundheitsbranche - belastet.
Deren neue und zusätzliche Belastungen kommen Sondersteuern und
Enteignungen gleich. Aber das steht auf einem besonderen Blatt.
Nur eins ist sicher: Die "Witterung der Masse" - wie Professor Elisabeth
Noelle-Neumann, Gründerin des ersten Meinungsforschungsinstituts in
Deutschland, das Phänomen einmal genannt hat - funktioniert. Die
Menschen fühlen, dass da etwas nicht stimmt.
Und sie wehren sich. Sie entziehen der Partei ihr Vertrauen, die die
anstehenden Probleme im Gesundheitswesen nicht sauber löst, sondern auf
Beitragszahler und Patienten abwälzt. Und so könnte es passieren, dass
Gesundheitsminister Philipp Rösler mit seinen Gesundheitsreformen
tatsächlich die CDU/CSU/FDP-Regierung stürzt, wenn die Wähler nicht
wiederkommen.
Werden sie wiederkommen?
Daniel Bahr, Staatssekretär im Gesundheitsministerium und neuer
Landesvorsitzender der FDP in NRW, gab sich in einem Interview mit der
Rheinischen Post am 17. November 2010 davon überzeugt: "Wir stehen zu
dem, was wir tun, auch wenn es Gegenwind gibt. Das werden die Menschen
belohnen".
Warten wir's ab.
25 MILLIARDEN VERSCHWENDET
Ein Kommentar der Redaktion
Der Bundesrechnungshof ist ein zahnloser Tiger. Politiker und
Behördenleiter nehmen ihn offensichtlich nicht ernst: Er kann niemandem
einen Vermerk in die Personalakte schreiben und erst recht keinen
"feuern". Dabei wäre das dringend nötig: Auf 25 Milliarden Euro -
wohlgemerkt: pro Jahr! - schätzt Dieter Engels, Präsident des
Bundesrechnungshofes, das Einsparvolumen von Ministerien und Behörden,
würden sie mehr Sorgfalt und Verantwortungsgefühl beim Geldausgeben an
den Tag legen und alle Möglichkeiten zu vernünftigen Einsparungen
nutzen. Dazu gehört auch der Abbau überflüssiger Subventionen.
Das ist das Dilemma: Das Verhindern von 25 Milliarden jährlicher
Verschwendung bedeutet Arbeit, Abstimmung, Konsequenz und Sanktionen. Da
ist es einfacher, Steuerzahler, Beitragszahler, Rentner, Kranke und
Unternehmen zu belasten.
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APOTHEKENNACHFOLGE-REGELUNG
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die Apothekenübergabe ist eine
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APOTHEKENZAHL IN DEUTSCHLAND SINKT ERSTMALS SEIT 2003
Ludwig Erhards freie Marktwirtschaft - oder wie Apotheken erfolgreich
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